Leoš Janáček / Dmitri Tcherniakov / Dennis Russel Davies / Bochumer Symphoniker / Chor
der Janáček-Oper des Nationaltheaters Brno
In den gewaltigen Dimensionen der Jahrhunderthalle Bochum löst Starregisseur und Bühnenbildner Dmitri Tcherniakov in einer riesigen begehbaren Bühneninstallation die schützende Wand zwischen Künstler:innen und Publikum auf.
Im sibirischen Gefangenenlager gibt es keine Helden. Ob arm oder reich, gebildet oder ungebildet, adelig oder nicht – hier sind alle gleich und im Grauen ohne Ende vereint. Fjodor Dostojewski hat es erlebt und in seinen Aufzeichnungen aus einem Totenhaus minutiös beschrieben. Sie dienten Leoš Janáček als Vorlage zu seiner letzten Oper, die unter dem Motto »In jedem Geschöpf ein Funke Gottes« an unser Mitgefühl appelliert. Janáček, der seine Musik der individuellen Sprache der Menschen abhorchte, gibt jedem Insassen seine eigene Stimme, um sie in der vielstimmigen Anonymität und Gleichgültigkeit untergehen zu lassen. Rohe Klänge und beharrliche Rhythmen machen die Härte der Lagerrealität geradezu körperlich spürbar. In den gewaltigen Dimensionen der Jahrhunderthalle setzt Starregisseur und Bühnenbildner Dmitri Tcherniakov diese Idee fort: In einer riesigen begehbaren Bühneninstallation löst er die schützende Trennung zwischen Künstler:innen und Publikum auf. Wir bewohnen eine erbarmungslose Gefängniswelt, sind unentrinnbar mitverhaftet mit all den »Schicksalslosen«, die hier eine Existenz als lebendige Tote fristen. Mit ihnen bewegen wir uns durch einen von würdelosen Raufereien und Saufereien gezeichneten Alltag. Uns, seinen Mitgefangenen, schildert Luka aus nächster Nähe, wie er aus Rache für dessen Willkür den Major erstach. Uns erzählt Skuratov, wie er den reicheren Rivalen um die geliebte Luisa erschoss. Šiškov erzählt uns, wie er aus Eifersucht seiner unschuldigen Braut Akulina die Kehle durchschnitt. Interessiert uns ihr Leid, ihre Wut, ihre Reue? Oder kehren wir uns ab, suchen Distanz zu diesen glücklosen Gescheiterten, beobachten sie aus der Ferne? Wir sind unter ihnen nachts, wenn sie weinen, sind mit ihnen im Lazarett, wenn sie im Fieber sprechen, wenn sie sterben. Wir schauen uns sogar ihre frivolen Theateraufführungen an, um den zermürbenden Lagertrott zu unterbrechen. Fühlen wir mit ihnen?
Organisatorische Hinweise:
Bei der Produktion handelt es sich um eine immersive Inszenierung, bei der sich Publikum und Darsteller:innen im Bereich Gefängnishof in unmittelbarer Nähe zueinander bewegen werden. Wenn Sie das Geschehen lieber aus der Distanz verfolgen möchten, empfehlen wir Ihnen, sich beim Ticketkauf für Plätze in den Bereichen Seitenhof, Galerie 1 oder Galerie 2 zu entscheiden. Für die Produktion bieten wir ausschließlich Stehplätze an, da sich Publikum und Darsteller:innen während der Vorstellung von einem Ort zum anderen bewegen werden. Die Galerie 1 hat eine Höhe von ca. 3,5 Metern, die Galerie 2 eine Höhe von ca. 6 Metern. Bei Höhenangst empfehlen wir die Publikumsbereiche Gefängnishof oder Seitenhof. Während der Vorstellung kommt es zu Kampfszenen zwischen Darsteller:innen und professionellen Stuntkünstler:innen. Für Personen unter 14 Jahren wird der Besuch nicht empfohlen. Tschechisch mit deutschen und englischen Übertiteln.